Tegernseer Tanzlmusi

Sieben Männer – eine Passion

Die Tegernseer Tanzlmusi: Das sind nicht nur Musikanten aus Leidenschaft, sondern auch Botschafter bayerischer Lebensart, wenn ihre Musik von heimischen Bierfesten bis zum Weltwirtschaftsforum in Davos hallt.

Text: Ute Watzl

Tegernseer Tanzlmusi

Immer gut gelaunt – so präsentieren sich die Jungs von der Tegernseer Tanzlmusi auch auf der Bühne.
Foto: Dominik Schachten

Nicht jeder würde sieben gestandene Männer hinter diesem Namen vermuten: „Tegernseer Tanzlmusi“. Und es mag auch dem Bayerischen geschuldet sein, dass man als Außenstehender dahinter vielleicht nicht gleich das vermutet, was diese Vollblutmusikanten tatsächlich sind: eine Instanz im Tegernseer Tal und darüber hinaus. Dabei ist dieser Name Programm: Mit zwei Flügelhörnern, zwei Basstrompeten, Tuba, Gitarre und Steirischer Harmonika ziehen die Sieben temperamentvoll und tongewaltig von Fest zu Fest, sorgen für zünftige Stimmung und Tanzlaune. Und das seit 15 Jahren schon. Egal ob Tanz, Hoagascht, Geburtstagsfeiern, Heimatabende, Zeltfeste, Hochzeiten, Scheidungen, Taufen, Stadelfeste, Almkirta, Frühschoppen, Weinfeste, Bierfeste, Schnapsfeste oder Oktoberfeste – wo sie aufspielen, ist Gaudi angesagt.

Tegernseer Tanzlmusi – das sind Thomas Eberl und Hans Dießl, Josef Stieglmeier und Josef Spiel, sowie Josef Seestaller, Klaus Miller und Klaus Leitner. Fast alle stammen sie vom Tegernsee und sind im gleichen Alter, Jahrgang 1984/85. Man kennt sich von klein auf. Schon die Eltern waren miteinander befreundet. Man ist in die gleiche Schule gegangen, hat mit dem einen oder anderen zusammen in einer Blaskapelle gespielt, und ist sich immer wieder auf Waldfesten oder Stadelfesten begegnet. Irgendwann war dann da die Idee, „dass man halt einfach miteinander Musik macht.“ Ohne große Pläne, einfach weil sie gern musizieren und es gemeinsam mehr Spaß macht.

Die eigene Heimat ist schon viel zu eng geworden

Was dann mit der Zeit daraus geworden ist, dürfte sie selbst überrascht haben. Nicht nur, dass sie fast das ganze Jahr über einen lückenlosen Tourenkalender haben, der sie rund um den Tegernsee schickt: Die Tegernseer Tanzlmusi sind mehr als eine kleine Blasmusik-Combo, die durchs Oberland tingelt. Sie sind über die Region hinaus unterwegs bis nach Passau und das Ahrntal in Südtirol, und selbst der Alpenraum ist für sie zu klein geworden. Sie reisen mit ihren Instrumenten nach Köln und bis nach Wien.

Das Highlight ihres Tourensommers ist das Woodstock der Blasmusik im Innviertel südlich von Passau: vier Tage, sechs Bühnen, fast 150 Blasmusik-Gruppen, von Volksmusik bis Funk, und 80.000 Besucher – da fühlt man sich wie ein Star. „Diese Masse an Menschen, die alle verrückt auf Blasmusik sind, diese Emotionen, wenn 5000 Leute vor einem stehen und schreien und johlen, weil‘s grad total geil ist, das ist unvergleichlich“, schwärmt Sepp, der Trompeter. Sepp ist auch so etwas wie der Wortführer der Gruppe und nicht zuletzt wegen seines Temperaments der Entertainer auf der Bühne. Denn die Feste mit der Tegernseer Tanzlmusi sind mehr als Melodie und Rhythmus, das ist vor allem Unterhaltung. Authentisch und mit Herz.

Tegernseer Tanzlmusi

Naturnah und heimatverbunden – die sieben Musikanten der Tegernseer Tanzlmusi verstehen ihr Handwerk an ganz unterschiedlichen Blasinstrumenten.
Foto: Dominik Schachten,

Dabei ist nur einer von ihnen professioneller Musiker, nämlich Thomas, der die Gruppe managt. Er hat die Tegernseer Musikschule besucht, später in Innsbruck Musik studiert und arbeitet heute selbst als Lehrer an der Musikschule. Die anderen verdienen ihr Einkommen als Bauern, als Standesbeamter, als Kunstschmied oder mit Betonsägearbeiten. Und fast jeder hat Familie mit bis zu vier Kindern. Da stellt sich schon die Frage: Wie bekommt man das alles im Alltag unter? „Die Familien sind natürlich nicht immer begeistert, wenn wir so oft auf Tour sind“, erzählt Thomas. Andererseits: Die Freizeit bleibt dann komplett für die Familie reserviert. Da gibt’s keinen Stammtischabend noch on top.

Nicht hip, sondern traditionsbewusst

Nun ist Blasmusik ist nicht gleich Blasmusik, gerade in den vergangenen Jahren erleben Brassbands einen zeitgenössischen Hype. Sie rocken selbst die hippsten Festivals und Clubs bis nach Berlin. Damit hat die Tegernseer Tanzlmusi freilich nichts zu tun. Deren Blasmusik entspringt vielmehr der traditionellen Volksmusik. „Die kam in den 50er, 60er Jahren auf, als die Leute noch abends zusammengekommen sind, um gemeinsam zu musizieren. WhatsApp und so gab es da ja noch nicht“, erklärt Sepp.

Gruppen wie die Böhmer Egerländer Musikanten haben diese Blasmusik damals salonfähig gemacht. Daraus hat sich dann die Tanzmusik entwickelt: kleine Formationen statt großer Orchester, damit sie weniger Platz auf der Bühne brauchten und zu Hochzeiten und anderen Festen aufspielen konnten. Viele Einflüsse kamen aus Tirol oder Slowenien, wie die Gruppe Oberkrainer, deren schwungvoller Musikstil vor 20 Jahren etwa in jedem Bierzelt gespielt wurde. Das war dann auch die Zeit, als die Tegernseer zusammenkamen und auf dieser neuen volkstümlichen Welle mitschwammen.

Tegernseer Tanzlmusi

Stimmung machen, Prosit und Gaudi – das ist das Business der Tanzlmusi.
Foto: Dominik Schachten

Diese Welle trug sie bis zum Weltwirtschaftsforum ins Schweizer Davos, wo sie jährlich aufspielen dürfen. Sogar in New York, Singapur und im kalifornischen Tech-Mekka Palo Alto traten sie schon auf.

Volksmusik vom Tegernsee jenseits des Atlantiks und in Fernost – wie ist das möglich? Dank guter Beziehungen im Tal, vor allem zur Kreutherin Steffi Czerny, der Digital-Netzwerkerin aus dem Burda Medien Verlag. Sie nimmt mit der Tegernseer Tanzlmusi gern mal ein Stück Heimat mit auf ihre internationalen Events, auf denen die Volksmusikanten auf Berühmtheiten aus aller Welt treffen und für ein bisschen Bodenständigkeit sorgen. „Das sind ganz besondere Erlebnisse, die wir dem Musizieren zu verdanken haben“, gesteht Sepp. Dass auf diese Weise das Deutschlandbild im Ausland mal wieder mehr auf Bayern reduziert wird? „Das schadet ja nicht“, lacht er. Und weil der Tegernsee eh schon sowas wie eine weltbekannte Marke ist, ist er im Namen auch ein Gütesiegel.

Traditionelle Extravaganz

„Vielleicht geht es im Ausland weniger um unsere Musik“, überlegt Sepp. „Da geht es mehr um die Lederhosen, die wir anhaben.“ Traditionelle Extravaganz – das gefällt, jedenfalls in Davos, wo sich die ganze Welt trifft. Da sind dann Promis wie der Musikproduzent und Rapper Will.i.am oder die Schauspielerin Veronika Ferres, und „die möchten dann alle ein Foto mit uns“. Der Marsch, den sie da spielen, ist dann gar nicht mehr so interessant.

Selbst mit Mick Jagger durften die Musikanten schon auf Instagram posen, nachdem sie ihm ein Geburtstagsständchen vorgetragen haben. Warum? Das bleibt Mick Jaggers Geheimnis.

Auch in der Heimat gründet ihr Erfolg nicht nur auf ihrer Musik. Es ist eher ihre Art, wie sie rüberkommen auf der Bühne, ihre ungespielte Lebensfreude, der Spaß an der Geselligkeit und das Zusammenspiel mit dem Publikum. „So wie wir daherkommen mit der Tracht und dem Dialekt, das ist so authentisch und bodenständig“, erklärt Sepp. Man nimmt ihnen einfach ab, dass sie echt sind. Und das ist ja längst nicht bei allen volkstümlichen Musikgruppen so. „Für uns ist die Tracht kein Faschingsgewand“, betont Sepp. In einer Welt, in der Authentizität oft hinter Show und Glamour verblasst, steht die „Tegernseer Tanzlmusi“ für die Bodenständigkeit und echte Lebensfreude. Das ist ihr Antrieb. Oder wie Sepp es sagt: „Stimmung machen, Prosit und Gaudi – das ist unser Business.“

Musikalische Kostproben gibt’s auf der Website www.tegernseer-tanzlmusi.de
Die Gruppe hat auch ein eigenes Fest, das alle zwei Jahre in Gmund stattfindet: das Tegernseer Tanzlmusi Fest in Gmund.
2024 am 30. Mai (Fronleichnam) ab 12 Uhr am Niemandsbichl

Nächste Termine in der Heimat:
• 3. und 4. Februar 2024 Hochzeitsmesse, Gut Kaltenbrunn
• 30. Mai (Fronleichnam), Gmund , Tegernseer Tanzlmusi Fest, ab 12 Uhr am Niemandsbichl

“Diese Emotionen, wenn 5000 Leute vor einem stehen und schreien und johlen, weil‘s grad total geil ist, das ist unvergleichlich.”
Foto: Dominik Schachten

  • Viktoria Rebensburg

    Die Skifahrerin und Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg wird Kolumnistin für die Seeseiten.