Traditionelle Chinesische Medizin
Kraft in den Körper, Suppe auf den Tisch!
In der Wallberg-Apotheke in Rottach-Egern ist ein Bereich der Traditionell Chinesischen Medizin (TCM) gewidmet. Apothekerin Anne Gim weiß alles über die alte fernöstliche Heilkunst und erzählt über die Heilkraft von Suppen und Tees. Seeseiten-Autorin Susanne Mayr wollte mehr über die alte fernöstliche Heilkunst erfahren und hat dabei ganz neue Erkenntnisse gewonnen.
Text: Susanne Mayr / Fotos: Urs Golling
Anne Gim arbeitet mit über 50 TCM-Ärzten in ganz Deutschland zusammen.
Foto: Urs Golling
Wer wissen möchte, was hinter dem Begriff Traditionell Chinesische Medizin steckt, dem erzählt Apothekerin Anne Gim gerne eine alte asiatische Geschichte: „Drei blinde Männer befühlen einen Elefanten an unterschiedlichen Körperstellen. Der eine, der den Stoßzahn in den Händen hält, sagt, der Elefant sei spitz und hart. Der am Schwanz jedoch meint, er sei dünn und lang. Zuletzt befindet der am Körper fühlende ihn als breit wie eine Wand“, so Gim.
Genauso ist es mit der Medizin. In jedem Land und jeder Kultur haben Menschen versucht, Körper, Gesundheit und Krankheit zu erklären und zu verstehen. Jede Theorie, ob Homöopathie, TCM oder Ayurvedische Medizin, hat einen anderen Ansatz. „Jeder von ihnen hat Recht und doch reicht es nicht, nur einen Teil als richtig zu erachten, sondern die Summe aus allem“, erklärt Gim das Gleichnis vom Elefanten.
Altes Wissen neu entdeckt
Seit über 2000 Jahren beschäftigt sich die TCM damit, den gesunden Körper zu stärken und den kranken Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wie schon der berühmte chinesische Arzt Sun Simiao vor 1500 Jahren sagte: „Ein sehr guter Arzt heilt die Krankheit, bevor sie ausbricht. Ein guter Arzt heilt sie, wenn sie im Anmarsch ist, und ein schlechter Arzt heilt sie, wenn sie voll ausgebrochen ist.“ Soll heißen: Vorbeugung ist das zentrale Thema in der Chinesischen Medizin.
Mit viel Kenntnis und Leidenschaft erklärt Anne Gim die Wirkungsweise der TCM.
Foto: Urs Golling
Mit dieser Philosophie ist Anne Gim in Malaysia aufgewachsen. Nach dem Studium der Pharmazie in Singapur ging sie mit ihrem Mann nach Deutschland und erarbeitete sich hier die deutsche Approbation. Parallel baute sie ihr Wissen über Heilkräuter, Mischungen und Tees an der Universität Xiamen weiter aus. Bei Dr. med. Fritz Friedl, dem Vorreiter der TCM in Deutschland, machte sie die umfassende Ausbildung.
In der Wallberg-Apotheke in Rottach-Egern leitet sie die TCM-Abteilung und verarbeitet dort vorwiegend Kräuter und Granulate. Die Arzneikräutertherapie ist neben Akupunktur, Moxibustion (Erwärmung von speziellen Punkten des Körpers) und Bewegungstherapie (Qi Gong und Tai Qi) eine der wichtigsten Säulen der TCM.
„Wir arbeiten mit über 50 TCM-Ärzten in ganz Deutschland zusammen und stellen die von ihnen verschriebenen Rezepturen her“, erklärt Gim. Die Dekokte (Teekonzentrate), Granulate, Kapseln, Salben oder Tinkturen werden deutschlandweit direkt an Patienten verschickt.
Anhand der Diagnostik entscheidet der TCM-Arzt über die Zusammensetzung der Kräutermischungen. Für jeden Patienten wird dann individuell eine eigene Mischung hergestellt. „Die Komposition verstärkt die Wirkung der Einzelbestandteile“, sagt Gim. Sie arbeitet hier in der Apotheke mit über 300 verschiedenen Kräutern, Blüten, Wurzeln, Muscheln und Pilzen. „Ich erkläre das gerne mit Buchstaben, die erst zusammengesetzt als Wort einen Sinn ergeben.“
Ab in den Topf
Damit die Arzneien ihre volle Wirkung entfalten, werden sie nach einem speziellen Verfahren zubereitet, genannt Dekoktierung. „Die Pflanzen werden mehrere Stunden gemeinsam gekocht, abfiltriert und in dunkle UV-Schutzflaschen gefüllt.“ Das so entstandene Teekonzentrat wird dann täglich vom Patienten verdünnt mit heißem Wasser getrunken.
Für jede Krankheit gibt es eine passende Kräutermischung.
Foto: Urs Golling
„Natürlich gibt es auch allgemein stärkende Mixturen und Mischungen für Empfindlichkeitsstörungen, die wir schon fertig anbieten und die man sich hier in der Apotheke holen kann“, erklärt Anne Gim, die weiter an neuen Rezepturen forscht. In ihrem Labor entwickelte sie u. a. schon erfolgreich ein Schmerzfluid, eine Hautcreme und ein Grippegranulat.
Die Qualität der Pflanzen ist den Pharmazeuten sehr wichtig. Jeder Rohstoff, der in der Apotheke verarbeitet oder verkauft wird, wurde auf Schadstoffe und Pestizide geprüft und zertifiziert. Günstige Ware aus Asia-Läden oder Internet-Shops ist oft minderwertig und belastet.
Neue Kraft dank Suppe und Tee
Anne Gim hat noch einen weiteren Tipp: „Ein großer Teil der TCM-Philosophie ist die Gesunderhaltung durch Kochen warmer Suppen.“ So eine Kraftsuppe kocht Gim ihrer Familie und auch darin stecken die wichtigsten chinesischen Heilpflanzen (siehe Rezept). Man versucht in der TCM immer das Qi (Lebensenergie) und das Xue (übersetzt ‚Blut‘) in Einklang zu bringen. „Ist eines der beiden zu viel oder zu wenig vorhanden, können Krankheiten entstehen.“
Es geht also im weitesten Sinne um ein gesundes Gleichgewicht, das sich jeder Mensch bewahren sollte – egal, ob in West oder Ost.
Rezept Chinesische Kraftsuppe – perfekt für die Erkältungszeit
Sie brauchen:
1 Suppenhuhn (bio) und jeweils 10 g Ingwer, Goji-Beeren, chinesische Datteln, Angelikawurzel, Traganth, Glockenwindenwurzel, Mandarinenschale, Yamswurzel
Geben Sie diese Mischung in einen großen Topf mit ausreichend Wasser, kochen sie auf und lassen sie im Anschluss über mehrere Stunden köcheln, z.B. in einem Thermomix. Vor dem Genuss würzen Sie das Ganze je nach persönlichem Geschmack noch mit Salz und frisch gemahlenem Pfeffer.
Die getrockneten Pflanzen für diese Suppe bekommen Sie in der Wallberg-Apotheke für ca. zehn Euro. Ingwer und Yamswurzel können Sie auch frisch verwenden.
Wallberg-Apotheke
Nördliche Hauptstr. 14
Rottach-Egern
www.wallberg-apotheke.de
TCM-Ärzte im Tegernseer Tal:
Dr. med. Gesche Brannolte, Tegernsee, www.integrativemedizin-tegernsee.de
Dr. med. Andreas Görgl, Gmund, www.praxis-dr-goergl.de
Dr. med. Martina Bucar, Privatklinik Jägerwinkel Bad-Wiessee, www.jaegerwinkel.de
Mit ihren Augen
Die Tegernseer Illustratorin Katharina Bourjau präsentiert ihren persönlichen Blick auf das Tegernseer Tal.