Naturkäserei Kreuth

So a scheena Kas!

Hohe Qualität vom Stall bis zur Käsetheke – und die Marke Tegernsee: Die Naturkäserei Tegernseer Land ist seit 15 Jahren eine echte Erfolgsgeschichte. Doch dahinter steckt nicht nur eine schöne Idee, sondern vor allem Fleiß, Innovationsgeist und ganz viel Natur.

Text: Ute Watzl

Naturkäserei Kreuth

Die Käseerzeugung ist hier viel Handarbeit.
Foto: Naturkäserei Tegernseer Land

Wenn Sie, hier in Bayern, das Wort Reinheitsgebot lesen, was kommt Ihnen da in den Sinn? Bier etwa? Richtig – und wenig überraschend. Und trotzdem nicht ganz vollständig. Denn auch Käse und Milchprodukte werden nach einem Reinheitsgebot hergestellt – jedenfalls im Tegernseer Tal, in der Naturkäserei Kreuth. Wallberger, Blauberger, Riedersteiner, Hirschberger heißen hier die Käse, so wie die Berggipfel, unter denen die Milchkühe weiden. Die Region ist hier Programm an der appetitlichen Käsetheke. Topfen (sprich: Quark), Joghurt, Frischkäse und sogar Käseknödel komplettieren das Angebot.

Jedes touristische Alpental hat seine Schaukäserei, meistens sind sie echte Besucherattraktionen. Der interessierte Städter zeigt hier seinem Nachwuchs, wie Milch zu Käse, Joghurt und Quark verarbeitet wird. Ein Blick hinter die Verpackung sozusagen. Doch die Kreuther Naturkäserei, gleich gegenüber der Zufahrt zur Wallbergbahn, ist mehr als eine große Schauveranstaltung mit Erlebnisfaktor, mehr als eine Touristenattraktion. Sie ist ein aus Eigeninitiative geborenes Gemeinschaftsprojekt, das nicht nur vielen Bauernhöfen im Tal heute den Fortbestand sichert, sondern auch jene Kulturlandschaft erhält, wegen der das Tegernseer Tal zum Postkartenmotiv taugt. Denn ohne Kühe keine Weiden, ohne Heumahd keine blühenden Bergwiesen.

Sophie Obermüller Naturkäserei Tegernseer Land

Sophie Obermüller ist mit dem Hof ihrer Familie von Beginn an Teil der bäuerlichen Genossenschaft.
Foto: Naturkäserei Tegernseer Land

Eine Idee, die auf der Hand lag

Die Geschichte nahm 2006 ihren Lauf. Vor 15 Jahren saßen zwei Tegernseer zusammen und beklagten: Von überall, wohin die Leute in den Urlaub fahren, bringen sie Produkte aus der Region mit. Whiskey aus Schottland, Wein von der Mosel, Weißlacker aus dem Allgäu. „Kaum zu glauben, dass es das am Tegernsee noch nicht gab“, erzählt Sophie Obermüller, heute Vorstandsvorsitzende der Naturkäserei. Und was hätte so ein Produkt vom Tegernseer Tal sein können? „Die Antwort war recht einfach: Käse. Denn Grünland und Milchwirtschaft prägen traditionell das Bild der Region.“ Die Idee zu einer gemeinschaftlichen Tegernseer Käserei war geboren.

Vielleicht hätte sich kaum jemand ernsthaft für diese Idee erwärmen können, wenn die Milchwirtschaft zu der Zeit europaweit nicht regelmäßig schlechte Schlagzeilen gemacht hätte. Wir erinnern uns: Milchskandale, Milchpreise im freien Fall und der Milchstreik der Bauern. „Als Bauern im Nebenerwerb und mit den durch Wald und Berge natürlich begrenzten Weideflächen hätten die Tegernseer nie mit der industriellen, globalisierten Milchwirtschaft mithalten können“, so Obermüller, die von Beginn an mit ihrem Hof Teil der Käserei war. Viele Bauern hätten sich nur zu gern dem Griff internationaler Konzerne entzogen. „Unsere hochwertige Milch, die wir mit viel Arbeit und Leidenschaft produziert haben, ging damals zur Verarbeitung nach Italien und kam in irgendeiner Form irgendwo wieder an den Markt oder wurde verramscht.“ Bei aller Verbundenheit zum Land und zur Tradition – so manchem Bauern ging dabei der Idealismus verloren.

Aber was helfen schon Jammern und Streiken im Kampf gegen den freien Markt? Das ist nichts für einen oberbayerischen Milchbauern. Der geht in die Offensive, nimmt das Problem selbst in die Hand. Inspiriert durch den Blick über die Grenzen nach Österreich oder in die Schweiz fand man das passende Geschäftsmodell für eine Käserei am Tegernsee: die Genossenschaft. Etwa 20 Tegernseer Milchbauern schlossen sich zusammen, um selbst die Verantwortung zu übernehmen für Qualität, Veredelung, Verarbeitung und Vermarktung ihrer Milch – selbstbestimmt und überaus erfolgreich. Die Namen ihrer Höfe zieren heute die Außenwand des Käsereigebäudes. Jetzt, 13 Jahre später, ist alles aders: „Heute verkaufen wir eigene Produkte, die aus unserer Heumilch hergestellt wurden, zu einem Drittel direkt von unserer Käsetheke oder auf Wochenmärkten. Die komplette Wertschöpfung liegt in unserer Hand – von der Wiese bis zum Teller, alles im natürlichen Kreislauf.“

Aus kleinen Anfängen zur Erfolgsgeschichte

Als Sophie Obermüller anfangs noch auf dem Bauermarkt beim Zotzn vereinzelte Käse verkaufte, hätte sie sich sicher nicht träumen lassen, dass eigens für die Genossenschaft wenige Jahre später eine große, moderne Käserei errichtet würde, durch die sie persönlich Busreisende führt, denen sie die Idee und Arbeitsweise der Naturkäserei erklärt, bevor die Touristen vor Ort bewirtet werden. Doch der wirtschaftliche Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Und das hat mehrere Gründe. „Wir waren unserer Zeit ein bisschen voraus“, sagt Obermüller nicht ohne Stolz.

Naturkäserei Tegernseer Land

An der Theke des hauseigenen Ladens läuft Käsefreunden das Wasser im Mund zusammen.
Foto: Naturkäserei Tegernseer Land

Was heute in aller Munde ist und zum nachhaltigen Lifestyle gehört, war in den Anfangsjahren für die Bauern die Flucht nach vorn in eine Nische: Regionalität, Tradition, naturnahe Kreislaufwirtschaft ohne Kunstdünger und Flächespritzmittel sowie Milchprodukte ohne künstliche Zusätze. Natürlich hatte es mit der älteren Generation auch Diskussionen gegeben. Schließlich plante man den Weg zurück in die Zukunft, mit allem was früher eben üblich war. „Das gab’s schon. Des funktioniert nicht“, hieß es da. Zu den selbst auferlegten Regeln gehörte, dass die Bauern nur zwei, drei Schnitte im Jahr mähen dürfen. Das sorgt für ein hochwerdukte vertragen haben, mit den Produkten der Naturkäserei keine Probleme haben.“ Viele Unverträglichkeiten würden schnell als Laktoseintoleranz abgetan, obwohl daran häufig die industrielle Veränderung der Milch schuld sei.

Der Tegernsee als Marke

Ein anderer Grund für den Erfolg ist die Überzeugung, mit der die Bauern hinter ihrem Gemeinschaftsbetrieb stehen. „Es braucht viel Leidenschaft. Ohne die kann man heute keine solche Landwirtschaft mehr betreiben“, gibt Obermüller zu. Diese Leidenschaft hat nicht nur Einheimische, sondern Menschen aus ganz Deutschland davon überzeugt, Anteile an dieser besonderen Genossenschaft zu erwerben, um deren Betrieb zu ermöglichen. Einungewöhnlicher Weg, als Tegernsee-Fan dieser Region etwas zurückzugeben. Aber wer einmal gesehen hat, wie tonnenweise Käselaibe täglich mit Muskelkraft und von Hand mit Salzwasser geschmiert werden, verlässt einigermaßen beeindruckt den schönen Holzbau.

Stellt sich die Frage: Wenn das alles so gut funktioniert, wäre so ein Konzept also überall in Deutschland erfolgreich? Vermutlich nicht, denn dazu braucht es eine Marke. Und wer würde bezweifeln, dass der Tegernsee da allein mit seinem Namen die nötige Aufmerksamkeit weckt? „Die Marke hat natürlich Gewicht“, sagt Obermüller. „Aber wer einmal hier war, die Berge gesehen hat und wie wir arbeiten, der weiß: Das Image, das die Naturkäserei vermittelt, ist echt. Das ist nicht nur hübsche Bilderbuchgeschichte, sondern unsere Lebenseinstellung.””

Naturkäserei Tegernseer Land eG
Reißenbichlweg 1D, Kreuth

Jeden Montag (14 Uhr), Donnerstag, Freitag und Samstag (10 Uhr) können Führungen durch die Schaukäserei für ca. 60 Minuten und mit anschließender kleiner Verkostung gebucht werden.
Das Besondere: Es sind immer Bauern der Naturkäserei, die die Führungen vornehmen und daher ganz genau wissen, wovon sie reden. Kosten 10,50 Euro. Anmeldung unter +49 160 1501105 und buchungen@naturkaeserei.de

Sich einmal durch das Käsesortiment kosten können Besucher in der eigenen Gastronomie.
Foto: Naturkäserei Tegernseer Land

  • Was tun Sie gerade, …?

    Die Keramikerin Monika Ulbrichtbetreibt die gleichnamige Werkstatt am Tegernsee in vierter Generation.