Eisstockschießen

Ein Traditionssport neu entdeckt

Das Eisstockschießen gehört zu Bayern wie die Berge, das Wasser oder das Hofbräuhaus. Mit “Daum” und “Hos” sind ganze Generationen aufgewachsen. Doch wie das so ist mit Traditionen: Ganz von alleine halten sie sich nicht. Zeit, dem Sport auf dem Eis eine neue Chance zu geben, denn wenn man den Dreh raushat, ist viel Spaß garantiert.

Text: Susanne Mayr

Eisstockschießen

Wer kommt der Taube am nächsten – Eisstockschießen ist ein Sport für alle Altersklassen.
Foto: Hansi Heckmair

Ausfallschritt, in die Knie gehen und schwingen – so erklärt Josef Hatzl mir die Bewegung in Kürze. Klingt nicht schwer, braucht aber – wie ich schnell merke – doch etwas Übung. Aber Hatzl ist Vorstand der Eisstocksparte des FC Real Kreuth. Mit seinem Club spielt er in der Bayernliga, und er weiß: „Eisstockschießen kann wirklich jeder. Nach spätestens einer Stunde hat man den Dreh raus.“ Und es stimmt, mit jedem Versuch wird es besser. Ich komme dem Ziel näher.

Dieses Ziel, um das es geht, liegt etwa 25 Meter von mir entfernt in Gestalt eines Hartgummipucks. Hier in der Gegend wird er aber entweder „Daum“ (Taube) oder „Hos“ (Hase) genannt. Der Taube gilt es so nahe wie möglich zu kommen oder wenn möglich, den Gegner davon wegzudrängen. Die richtige Technik ist ein Mix, der auf den ersten Blick widersinnig klingt: Man soll den Stock schwungvoll aber sanft aufsetzen und über das Eis gleiten lassen – und das möglichst zielgerichtet. Mit Kraft alleine kommt man hier also buchstäblich nicht weit.

Für Profis stehen dafür im Winter und im Sommer jeweils zehn verschiedene Platten zur Verfügung, die je nach Oberflächenbeschaffenheit ausgesucht und unter dem Eisstock montiert werden. „Die haben alle verschiedene Farben, damit der Gegner auch sieht, welche man verwendet“, erklärt mir Experte Josef Hatzl. Da gibt es zum Beispiel schnellere und langsamere, glattere und rauere Beläge.

Eisstockschießen Tegernsee

Gewusst wie: Josef Hatzl erklärt Autorin Susanne Mayr den richtigen Schwung.
Foto: Florian Flach

Hat man die ersten Versuche gut gemeistert, kann das eigentliche Spiel auch schon losgehen. Gespielt wird entweder allein, meist aber in Zweier- oder Viererteams. „Der Stock, der am nächsten zum Hos ist, gewinnt und bekommt drei Punkte“, erklärt Hatzl. „Wenn von der eigenen Mannschaft zwei näher am Hos sind als der Gegner, zählen die beiden miteinander.“ Wer dem Hos am nächsten kommt, bekommt also immer drei Punkte, der Zweite zwei, der Dritte und Vierte auch jeweils zwei Punkte. Es gibt bei vier Spielern eine Gesamtpunktzahl von Neun zu vergeben, bei drei Spielern Sieben, bei zwei Spielern Fünf.

Einfach mal ausprobieren

„Es geht beim Eisstockschießen aber nicht nur um den Sport, sondern vor allem um den Spaß“, erklärt Hatzl, der schon seit der Gründung des Clubs in den 90er-Jahren dabei ist. Diesen Spaß möchte er gerne jedem näherbringen. Deshalb kann man einfach mal vorbeikommen. „Wir trainieren jeden Dienstag und Donnerstag ab 19 Uhr“, erklärt Hatzl. Jeder, ob Mann oder Frau, Jung oder Alt, Anfänger oder Profi ist eingeladen. Sogar Leihmaterial stellt der Club den Interessierten und hofft natürlich, dass der eine oder andere seine Leidenschaft für den Sport entdeckt.

Im Moment gibt es in Kreuth landkreisweit die einzige Jugendmannschaft, und die wird sogar vom ehemaligen Bundesligisten Stefan Quercher trainiert. Übrigens laufen die Vorbereitungen dafür, dass Eisstockschießen olympisch wird. Wer weiß, was da in Zukunft noch möglich ist.

Eisstockschießen Kreuth

Richtig was los ist in Kreuth bei den Turnieren. Jeder darf hier mitmachen.
Foto: Florian Flach

Spaß für die ganze Familie

Wer es lieber exklusiver mag, der bucht eine der 16 Bahnen im Winter für sich, seine Familie oder eine kleine Gruppe. „Wir werden versuchen, auch in Coronazeiten den Betrieb aufrecht zu erhalten soweit es geht“, so Hatzl. „Natürlich unter strenger Einhaltung der geltenden Hygieneregeln.“ Vorteil des Eisstockschießens ist, dass man im Freien ist, man jederzeit genug Abstand halten und auch nur in der eigenen Familie spielen kann. Denn auch bei Turnieren gibt es Einzelwertungen oder Mannschaften von je zwei oder vier Personen.

Natürlich gibt es im Tegernseer Tal noch mehr Eisstockschützen: Die Ersten am See waren die Tegernseer, die Erfolgreichsten die Rottacher. Hier spielen die Frauen in der 2. Bundesliga, aber mich hat der Eissportclub in Kreuth mit seiner sympathischen Zurückhaltung überzeugt. Vorstand Josef Hatzl steht manchmal sogar um zwei Uhr nachts auf, um Eis zu machen. „Wenn ich dann nachmittags in die Webcam schaue und Kinder beim Schlittschuhlaufen sehe, dann weiß ich: Es hat sich gelohnt.“ Eislaufen können Kinder hier im Winter übrigens kostenlos jeden Tag bis 19.00 Uhr. Am Wochenende können auch Kinderschlittschuhe ausgeliehen werden.

Infos und Bahnenbuchung unter www.eisplatz-kreuth.de.
Dort gibt es auch alle Infos zu den Turnieren. Hier kann jeder mitmachen, der Lust hat.

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