Das besondere Stück

Das Erhardt-Hemd

Früher gab es kaum jemanden, der kein „Erhardt-Hemd“ zur Tracht getragen hat. Jetzt, nach einer längeren Pause, gibt es die handgewebten Baumwollstoffe mit den charakteristischen Querstreifen wieder direkt von Christoph Erhardt gefertigt.

Text: Susanne Mayr
Foto: Urs Golling

Das Erhardt-Hemd zur Tracht

Nicht einfach nur ein Hemd: Erhardt-Stücke werden mit viel Aufwand gefertigt.

Von der Idee zum Kult

1938 gründete Irmgard Gerok-Erhardt eine Handweberei in Tegernsee-Süd. Über die Jahre machte sie sich einen Namen und webte unter anderem den Stoff für die berühmten gestreiften Röcke der Bräustüberl-Bedienungen. Und auch ein anderes Muster, das ihrer Fantasie und ihrem Webstuhl entsprungen ist, hat mittlerweile Kultstatus: das Erhardt-Hemd, das sie in der Nachkriegszeit zuerst für ihre Söhne und Enkel webte.

Dabei ist nicht der Schnitt dieser meist zur Tracht getragenen Baumwoll-Hemden entscheidend, sondern der Stoff. Denn dieser wird per Hand aus hochwertigem Garn gewebt. So bekommt er seine charakteristischen Querstreifen, traditionell in blau und weiß, aber auch jede andere Farbe ist möglich.

Faden für Faden

2005, nach dem Tod von „Irmchen“, wie die Weberin genannt wurde, geriet das Erhardt-Hemd in Vergessenheit, sehr zum Leidwesen der hiesigen Trachtler. Doch glücklicherweise führt mittlerweile Christoph Erhardt, der Enkel der Gründerin und selbst Webmeister, das Handwerk fort. Zwei bis drei Stunden Arbeit stecken im Stoff für ein Hemd. Dazu wird zuerst die sogenannte Webkette, also das Grundgerüst aus Fäden für den Stoff angeknotet. Würde man sie komplett neu auffädeln, würde das zwei Tage dauern.

Die Webkette gibt es entweder in weiß, schwarz oder bunt. Die Anzahl der Fäden pro Zentimeter entscheidet über die Qualität. Wenn der 3,70 m x 90 cm große Stoff gewebt ist, wird er bei 60 Grad gewaschen, getrocknet und anschließend nochmals nass gespült und aufgehängt. So behält er auch bei jahrelangem Waschen seine Form und Qualität und kann auch mal bei 60 Grad gewaschen werden. Nur in den Trockner darf er nicht. Dann endlich ist der Stoff bereit für seine endgültige Form und wird zur Schneiderin geschickt.

Christoph Erhardt fertigt die Hemden auf dem 300 Jahre alten Webstuhl seiner Oma. Bestellt wird per Mail oder Telefon. Die Musterstoffe gibt es bei Schneiderin Heidi Stuckenberger in Otterfing oder Monika Ulbricht in der Keramikwerkstatt Ulbricht in Rottach-Egern. Sobald Christoph Erhardt den bestellten Stoff zu weben beginnt, gibt es ein Bild an den Besteller.

Infos: www.erhardt-hemden.de

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