Der neue Trend im Tegernseer Tal

Ayurveda: Eine reine Kopf- und Bauchsache

Man muss nicht erst nach Indien reisen, um die Grundprinzipien der Lehre eines langen, gesunden und glücklichen Lebens zu erfahren. Stattdessen schwören immer mehr Menschen auf eine Lehre aus Indien, die man auch mitten im Tegernseer Tal anwenden kann. Und die erkennbar mehr und mehr auch zu einem lokalen Trend wird. Der Apotheker und Ayurveda-Therapeut Michael Blaeß erklärt, was es mit ayurvedischen Anwendungen, Massagen und Ernährungsberatungen auf sich hat.

Text: Susanne Mayr

Die Brennerin vom Tegernsee

„Ayurveda ist viel mehr als Wellness”, sagt der Apotheker, der in Indien und an deutschen Akademien Ayurveda studiert hat, „es ist eine Lebenshaltung, die für mehr Gesundheit, Wohlbefinden und Zufriedenheit sorgt.” Deswegen gilt Ayurveda auch nicht als eine Einzelmaßnahme, sondern als ein ganzheitliches System. Eine solche Lebenshaltung beginnt bei vielen kleinen Dingen. Seinen Kunden in der Praxis „Ayurveda am See” in Rottach-Egern zeigt Blaeß, welche Kleinigkeiten das sein können. Zum Beispiel, wie, was und wann man essen sollte, wie wichtig Körperanwendungen sind und was Gewürze bewirken können. Es geht bei dieser über 5000 Jahre alten Heilmethode nicht nur um den Körper. Auch Geist, Seele und Emotionen werden berücksichtigt. Eine Sitzung beginnt deshalb erst einmal mit einer Anamnese. „Jeder Mensch bringt eine individuelle Gewichtung der drei Doshas Vata, Pitta, Kapha als Grundkonstitution mit”, so der Ayurveda-Experte. Um die aktuelle Konstitution zu analysieren, werden z.B. Fragen nach Tagesablauf, Arbeit und Essverhalten gestellt. Daneben spielen auch Tageszyklen, Jahreszeiten und Lebensphasen eine wichtige Rolle. Daher ist es mit einem schnellen Test z.B. aus dem Internet, nicht getan. Um zu erkennen, welches Dosha nicht in Balance ist, braucht es Wissen und Erfahrung.

Alles in Balance
Ziel des Ayurveda ist es nicht, den jeweiligen Typ zu perfektionieren, sondern alle drei Prinzipien in Einklang zu bringen bzw. eine Balance zu schaffen, um so Gesundheit zu erlangen. Das gelingt Michael Blaeß durch verschiedene Ansätze und Behandlungen. „Ich biete Massagen mit Ölen, Pulvern oder Kräuterstempeln an, außerdem klassische Ayurveda- Öl-Anwendung und die Schwitztherapie Svedana.”

Ganz individuell mischt der Therapeut verschiedenste Ayurveda- Öle oder stimmt die Zusammenstellungen für Kräuterstempel ab. Ein Schwerpunkt von Ayurveda ist die Ernährung. Kein Wunder, dass sich Therapeuten wie Michael Blaeß gerne viel Zeit für dieses Thema nehmen. Seine Tipps und Rezepte erfährt man entweder bei einer zweistündigen Ernährungsberatung oder bei einem Gruppenkochkurs. Allerdings gibt es gerade beim Thema ayurwedische Ernährung einen weitverbreiteten Irrtum: „Ayurveda-Küche ist nicht gleichbedeutend mit der indischen Küche”, klärt Michael Blaeß auf. „Auch wir in der westlichen Welt haben viele Ayurveda-Ansätze in unserem Wissen. Schon Hildegard von Bingen oder der heilige Benedikt verfolgten in ihrer Ernährungslehre genau die gleichen Grundprinzipien, die auch im Ayurveda gelten.” Zum Beispiel, dass die Mahlzeiten in Ruhe und mit Genuss eingenommen werden sollten, dass man nicht zu spät isst oder kurz vor und nach dem Essen nichts trinkt. „Jedes Hauptessen sollte immer alle sechs Geschmacksrichtungen in sich vereinen”, so der Therapeut, „deshalb gibt es im Ayurveda Chutneys zu den Mahlzeiten, da diese scharf, süß, bitter, herb, salzig und sauer zugleich sind.”

Grundsatz in der Küche: Nichts ist Zufall
In der ayurvedischen Küche ist nichts Zufall, was auf dem Teller liegt. Das Zusammenspiel verschiedener Gewürze oder Aromen soll immer etwas bewirken. Kurkuma macht Milch verträglicher, Kardamom im Kaffee gleicht Säuren aus, Pfeffer und Zimt entfachen ein schwaches Verdauungsfeuer. „Es gibt tolle Gewürzmischungen für jedes Dosha, mit denen man wunderbar Kantinenessen individuell würzen kann”, weiß der leidenschaftliche Koch. Idealerweise werden alle Gewürze immer frisch gemörsert und dann in Ghee, einem reinen Butterfett, das von Wasser, Milcheiweiß und Milchzucker getrennt wurde, angebraten. Durch das Ghee können Inhaltsstoffe wie ätherische Öle besser vom Körper aufgenommen werden. Auch erklärt der Ernährungsexperte, welches Gewürz für welchen Typ gut ist, wie man sie in die heimische Küche integrieren kann, wie man schwere Gerichte leichter verdaulich macht oder wie man aus der Tegernseer Heumilchbutter das Ghee herstellt.

Klingt kompliziert? Ist es aber gar nicht. Weil am Ende nur eines zählt, wie Michael Blaeß sagt: „Durch Essen, die innere Haltung und unsere Taten das Leben so zu gestalten, dass es erfüllt, lange und glücklich ist.”

Die Praxis „Ayurveda am See“ unseres Experten Michael Blaeß befindet sich in der Tegernseerstr. 101, Rottach-Egern, www.ayurveda-amsee.de. Ayurvedische Wellnessmassagen wie Abhyanga, Pristabhyanga oder
Mukabhyanga gibt es u.a. auch im Hotel Das Tegernsee (ab 60 Euro) oder im Monte Mare Tegernsee (ab 49 Euro).

Ayurveda zum Nachlesen

„Ayurveda-Küche für jeden Tag: Ayurveda goes West”
von Dr. Barbara Wirth, Trias Verlag, 19,99 Euro, z. B. bei Buchhandlung Kollmannsberger in Rottach-Egern