Andreas Baron von Maltzan
Der Anpacker
Schloss Tegernsee steckt voller Unternehmergeist. Dafür sorgt zum einen die Hausherrin und Brauerei-Chefin Herzogin Anna in Bayern, zum anderen aber auch ihr Ehemann: Andreas Baron von Maltzan brachte einst eine der ersten Online-Partnerbörsen an den Start. Heute bringt er die Wittelsbacher Immobilien, Hütten und Almen wieder in Schuss. Porträt eines Mannes, der lieber anpackt als redet.
Text: Ute Watzl
Vom Internet-Visionär zum herzoglichen Immobiliensanierer: Andreas Baron von Maltzan ist Geschäftsführer der Herzoglichen Wildbad Kreuth Familiengesellschaft.
Foto: Urs Golling
Was wäre passiert, wenn Andreas von Maltzan wohlhabend auf die Welt gekommen wäre? Dann wäre er vermutlich Künstler geworden. Immerhin hatte er mit das beste Kunstabitur in Bayern geschrieben mit 1,0 und wollte eigentlich Künstler werden. Doch auf ihn, den Sohn eines Kriegsversehrten, wartete kein Erbe. Er hätte viel Idealismus aufbringen müssen, um sich auf ein Leben als Künstler einzulassen. „Dazu war ich zu pragmatisch. Ich muss erst mal Geld verdienen.“ Und das tat er.
Von Maltzan ist in München aufgewachsen, zuerst in Schwabing, ging dann in Gauting zur Schule und absolvierte später eine Banklehre bei der Reuschel-Bank. Er studierte an der Bayerischen Akademie für Werbung und Kommunikationswissen-chaften mit dem Abschluss Diplom-Kommunikationswirt und an der Ludwig-Maximilian-Universität parallel Betriebswirtschaftslehre – e Bilderbuch-Start in die Karriere als Unternehmer in der Medienbranche.
Erste Unternehmer-Schritte mit dem „Hirsch“
Die begann zunächst in Hamburg, wo er die Werbeagentur „Zum goldenen Hirschen“ mitbegründete, aber ausstieg, bevor das Unternehmen groß wurde. Er ging zurück nach München, arbeitete als Marketingchef erst beim Deutschen Sportfernsehen (DSF), dann für den Fernsehsender TM3.
Das war die Zeit, in der das Internet langsam in alle Haushalte einzog. Und von Maltzan, ein geborener Kommunikator, erkannte dessen soziales Potenzial. 1999, in der Hochphase des Internethypes, ging er wieder in die Selbstständigkeit, um mit dem Internet sein eigenes Geschäft zu machen – und er hatte Glück: Bernard Arnault, Inhaber des Luxusgiganten LVMH und einer der reichsten Männer der Welt, investierte eine Stange Geld in seine Neugründung und stattete von Maltzan mit ordentlich Kapital aus. Von 2000 an brachte dieser insgesamt 20 Internetfirmen an den Start, darunter die erfolgreiche Partnerbörse Neu.de gemeinsam mit dem Kölner Plakatunternehmer Ströer, und die Koch-Community kochrezepte.de. 2005 war Neu.de Marktführer unter den Partnerbörsen in Deutschland vor Friendscout und Parship.
Ein neues Leben, eine neue Rolle
Mit Partnervermittlung im Internet dürfte sich Andreas von Maltzan also auskennen. Seiner eigenen Frau, Herzogin Anna in Bayern, wäre er auf einem solchen Portal allerdings wohl nie begegnet. Stattdessen trafen sich die beiden Kunstfreunde im Auktionshaus Sotheby’s anlässlich eines Events ihres Schwagers Philipp Herzog von Württemberg. 2015 heirateten sie, und für den Baron begann damit ein Leben mit neuen Rollen, Aufgaben und Herausforderungen.
Ob als Unternehmer oder als Sanierer – trotz aller Widerstände geht dem Baron der Optimismus nicht verloren.
Foto: Urs Golling
So verbringt er seitdem einen Groß-teil der Woche im Schloss am Tegernsee als Teilzeit-Tegernseer. Und ob er will oder nicht – als neuer Mann im Schloss und an der Seite einer Wittelsbacherin repräsentiert er ein Stück weit die Region. Vielleicht ist das als gebürtiger Münchner gar nicht so schlecht. „Ich glaube, ich verstehe beide Seiten sehr gut: den Staderer, also den Münchner, aber auch die Einheimischen mit ihren Ängsten und Befindlichkeiten“, sagt Andreas von Maltzan und nimmt direkt seine Vermittlerrolle wahr: „Andererseits: Es wird manchmal auch so aufgebauscht, man ist eigentlich gar nicht so weit weg voneinander.“
Was ihn viel mehr überraschte, war die Entdeckung, dass es eine große Rolle spielt, ob jemand aus Kreuth kommt oder aus Tegernsee oder aus Bad Wiessee oder aus Gmund. „Das ist fast so, als ob man aus einem anderen Land kommt.“ Tegernsee bedeute auch für ihn, den Münchner Baron, ein Stück Heimat. „Ich liebe es, wie hier das Kulturgut gepflegt wird in Form von Trachtenvereinen, Gebirgsschützenvereinen oder Waldfesten. Das ist einzigartig in Deutschland. Um diese Tradition beneiden uns andere Regionen.“ Natürlich ist auch er schon als Kind mit seinen Eltern regelmäßig an den See gefahren. Er erzählt von einem Foto im Familienalbum, wo er mit den Eltern auf der Königsalm sitzt, als Sechsjähriger. Wie hätte er damals ahnen können, dass er sich einmal als Miteigentümer um den Bestand dieser Hütte kümmern muss?
Der neue Job hat nichts mehr mit dem Internet zu tun
Denn so weit ist es tatsächlich gekommen. Die letzte seiner Internetfirmen verkaufte von Maltzan 2016. Er konzentrierte sich auf sein Immobiliengeschäft, das er sich nebenbei aufgebaut hatte – learning by doing, wie er sagt. 2020 dann kam die nächste Neugründung, diesmal eine der besonderen Art. Gemeinsam mit seiner Frau Anna und zwei ihrer Schwestern sowie deren Vater Herzog Max in Bayern gründete Baron von Maltzan die Herzogliche Wildbad Kreuth Familiengesellschaft, deren Geschäftsführer er ist. Mit dem neuen Kapital sollten dringende Renovierungen an den Wittelsbacher Liegenschaften im Tal vorgenommen werden – und davon gibt es viele: fast 20 Immobilien und nochmal 20 Hütten mit entsprechenden Almen.
Von Maltzan spricht von einem extremen Sanierungsstau eigentlich in allen Gebäuden, der damit abgetragen werden sollte. Er war der Mann, der das anpacken sollte. „Dafür brauchten wir viele Millionen.“ Seitdem wurden 16 Almhütten saniert, manche mehr, manche weniger. Mal ist es die komplette Schindelfassade, der Brunnen oder das Klohäuserl, das saniert werden muss, woanders ein neues Dach, ein neuer Kamin oder neue Innenböden. Das Ganze mit Spezialhandwerksbetrieben, die das alles historisch detailgetreu nachbilden können. Siebenhütten bekommt bald eine neue Hütte nach historischem Vorbild, die Herzogliche Fischzucht einen neuen Kanal und ein neues Toilettenhäuschen, und ja, auch die Königsalm, die von seinem Kindheitsfoto, wurde ein wenig saniert.
Es liegt nahe zu vermuten, dass die herzogliche Familie nur auf den wie den Freiherr von Maltzan gewartet hat, um das alles in Angriff zu nehmen. „Das denke ich mir auch manchmal“, lacht der Baron. „Es ist eine schöne Aufgabe. Ich habe es mir nur nicht so kompliziert vorgestellt.“ Denn kompliziert machen es ihm die aufwendigen und vor allem langwierigen Genehmigungsverfahren – das ist eine Sache, die ihn umtreibt und nicht selten frustriert. Es brauche viel Beharrlichkeit, eine stoische Ausdauer, um nicht zu verzweifeln.
Münchner Baron, aber nicht der Baron von Münchhausen …
Foto: Urs Golling
Optimistisch, ausdauernd, risikobereit
Andreas von Maltzan bringt das mit – und einiges mehr: die scheinbar angeborene Bereitschaft, sich auf neue unternehmerische Abenteuer einzulassen, samt der Risikobereitschaft des einstigen Internetgründers, das Vertrauen in eine Lösung und einen grundlegenden Optimismus. Der geht ihm auch nicht ab, wenn Projekte wie sein geplantes nachhaltiges Baumhaushotel vom Naturschutz gekippt wird. Bleiben ja noch das Projekt Begräbniswald, das ihm am Herzen liegt, weil Beerdigungen jenseits von Friedhöfen immer mehr nachgefragt würden, sowie das geplante Hackschnitzelwerk in einer Kiesgrube.
Trotz manch frustrierender Widerstände – von Maltzan ist zu sehr Unternehmer, als dass er sich die Lust an solchen neuen Projekten nehmen ließe. „Unternehmer aus Passion“, sagt er selbst.
Dabei hatte er einst ganz andere Pläne. Die zweite Lebenshälfte wolle er nur noch von Kunst leben, hat Andre- as von Maltzan mal gesagt. Die emp- fand er wohl als seine wahre Berufung. Und fast schienen sich die Dinge auch in diese Richtung zu wenden. Von Maltzan stellt seine kreative Ader schon seit Jahren mit seiner experimentelllen Fotografie unter Beweis. Mit einem üppigen Bildband mit dem Titel „Licht“ und diversen Ausstellungen gewann er bereits gewisses Renommé und einige wertschätzende Sammler.
Auch wenn es nicht ganz so gekommen ist, wie damals prophezeit: Die Kamera trägt er noch immer sehr oft bei sich. Von Maltzan spielt mit Licht und Belichtung, liebt es, damit Emotionen und Stimmungen zu schaffen. Im Büro hängen Aufnahmen von ihm, die eigentlich einmal in der Münchner Hypo Kunsthalle gezeigt werden sollten. Corona ließ das nicht zu. „Das wäre vielleicht mein Durchbruch als Foto- künstler gewesen.“
Einfach machen – das kann nicht jeder
Seine Experimentierfreudigkeit zeigt sich auch in in seiner Kunst. Er probiert aus, macht einfach das, was andere gleich bleiben lassen würden, weil es zunächst nicht vernünftig oder zielführend erscheint. Wer kennt das nicht: Man steht vor einem Kunstwerk und denkt: Das hätte ich auch gekonnt. Der Unterschied aber ist: Man hat es nicht gemacht. Einfach machen, den Rest geschehen lassen – das kann nicht jeder.
Andreas von Maltzan hat in seinem Leben schon vielen Ideen Leben eingehaucht und vieles aufgebaut. Auch wenn er sich immer wieder davon getrennt hat – vieles existiert noch heute erfolgreich. „Es ist wie, wenn man ein Haus baut und es verkauft, es bleibt ja bestehen. So ist es mit Wildbad Kreuth: Ich hoffe, dass das, was wir da jetzt sanieren, für die nächsten 30 oder 50 Jahre gewappnet ist. Für Sturm und Hagel und alles was kommt.“
Der Fotograf Andreas von Maltzan spielt gern mit dem Licht, wie auf diesem Foto, das den Schatten seiner Frau zeigt, der Herzogin Anna in Bayern.
Foto: Andreas von Maltzan
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