Frischer Wind in der Schlossbrennerei Tegernsee

Tradition mit Sterne-Touch

Ein Traditionsunternehmen im neuen Gewand: Die Schlossbrennerei Tegernsee ist zusammen mit dem Herzoglichen Bräustüberl der „Platzhirsch am See“. Seit Juni dieses Jahres hat sie einen neuen Pächter. Einen, den man auch in der „Haute Cuisine“ bestens kennt.

Text: Nicole Adami
Fotos: Urs Golling

Schlossbrennerei Tegernsee

„Ich wollte endlich wieder für jedermann kochen.” Johann Rappenglück, der neue Pächter der Schlossbrennerei

Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken mit Preiselbeer-Meerrettich-Schaum, Millefeuille von der Tegernseer Rauchfischcreme, Hühnerfrikassee unterm Blätterteiggewölbe mit jungen Erbsen oder etwa hausgemachte Maultaschen. Und das sind nur ein paar der Gerichte, die seit Juni dieses Jahres in der Schlossbrennerei Tegernsee mit einer Prise Sternenstaub kredenzt werden. Denn der neue Pächter und Küchenchef ist Johann Rappenglück – ehemaliger Miteigentümer des Münchner Sterne-Restaurants „Les Deux“ sowie des „Weinhaus Neuner“. Ersteres war mit einem Michelin-Stern sowie 17 Punkten im Gault-Millau-Führer ausgezeichnet und laut Rappenglück eines der wenigen Feinschmeckerlokale, „die sich auch komplett selbst finanzieren“.  

Rückbesinnung auf die einfache, aber gute Art des Kochens 

Mit seiner Abkehr von der Haute Cuisine, die ihn sein ganzes bisheriges Leben begleitet hatte, hat Rappenglück nun am Tegernsee ein völlig neues Kapitel aufgeschlagen. Bodenständigkeit ist seither das Schlagwort. „Ich wollte endlich wieder für jedermann kochen und auch dem ‚einfachen Gast‘ zeigen, wie gut und hochwertig sich Speisen mit vergleichsweise einfachen Mitteln zubereiten lassen“, erzählt Rappenglück von seiner Entscheidung, die Schlossbrennerei zu übernehmen. Als Herzogin Anna in Bayern Ende letzten Jahres auf den damals 36jährigen Sternekoch zukam, um ihm die Pacht der Schlossbrennerei anzubieten, musste er nicht lange überlegen.

Schlossbrennerei Tegernsee

Das Interieur der Schlossbrennerei präsentiert Tradition in modernem Gewand

Gerade, weil er selbst in bodenständigen Verhältnissen aufgewachsen ist, habe er sich auf die Rückbesinnung auf die einfache, aber gute Art des Kochens gefreut. In seiner Familie, die schon über Generationen hinweg in der Gastronomie tätig ist, wurden oft simple, landestypische Speisen zubereitet. So kommen nun beispielsweise die alten Familienrezepte der aus Ungarn stammenden Großeltern in der Schlossbrennerei wieder zum Einsatz: „Unter anderem haben wir eine Gulaschsuppe auf der Karte, die ich nach alter Familientradition zubereite“, erzählt Rappenglück.  

Auch privat war der Umzug an den Tegernsee ein Gewinn: So genießt es der Sternekoch nicht nur, jetzt zusammen mit seiner Lebensgefährtin Ina Dimpel und den drei Kindern in einer wahren „Bilderbuchlandschaft“ zu leben – sondern auch, dass seine eigene Familie extra für das neue Vorhaben von Kassel an den Tegernsee gezogen ist. Während Johann Rappenglücks Lebensgefährtin Ina Dimpel für die Gästebetreuung zuständig ist, das Büro leitet und dort auch Reservierungsanfragen für größere Veranstaltungen und Events entgegennimmt, arbeiten obendrein nun auch seine Mutter, deren Lebensgefährte sowie Johann Rappenglücks Schwester für die Tegernseer Schlossbrennerei. „Meine Mutter, die übrigens selbst gelernte Köchin ist, unterstützt uns hinter den Kulissen, ihr Mann ist unser Schankkellner und meine Schwester arbeitet im Service“, berichtet Rappenglück. „Damit lässt sich ein Beruf, der üblicherweise sehr zeitintensiv und mit anstrengenden Arbeitszeiten verbunden ist, besser mit dem Familienleben vereinbaren.“ 

Schlossbrennerei Tegernsee

Johann Rappenglück mit seiner Lebensgefährtin Ina Dimpel

Dass die Familie mit der Tegernseer Schlossbrennerei kein leichtes Erbe angenommen hat, davon ist heute nur noch wenig zu spüren. „Umso mehr freut es uns, dass wir nach nur einem knappen halben Jahr schon einige Einheimische als Stammgäste gewinnen konnten“, sagt Rappenglück. Rappenglück legt seit jeher großen Wert auf die Auswahl seiner Produkte und Zutaten. So ist die neue Küche der Schlossbrennerei nicht nur stark regional geprägt, sondern auch raffiniert. „Ich würze einfach anders“, lacht Rappenglück, „vielleicht könnte man sagen: besonders vielfältig. Ich liebe es, am Geschmack zu feilen und auch ganz feine, neue Nuancen in traditionelle Gerichte einfließen zu lassen.“ Ein bisschen Sternekoch steckt immernoch in Rappenglück.  

Fondue für lange Abende und gemütliche Winterstunden 

Auch die Einrichtung hat man inzwischen etwas aufgehübscht. Zusammen mit der Tegernseer Manufaktur hat sich Ina Dimpel für ein bewusst modern gehaltenes Interieur entschieden, das die traditionellen Elemente nicht außer Acht lässt. In der Winterzeit wird es besonders gemütlich. Dann bietet Johann Rappenglück nämlich in der kleinen Kaminstube FischFleisch und Käsefondue an – ein typisches Winteressen. „Meine Frau war in den letzten Jahren oft in der Schweiz, im Engadin, unterwegs.“, erzählt Rappenglück.Sie hat dort den perfekten Fonduekäse gefunden“. Gerade für den Herbst und die Wintermonate sei Fondue ein schönes geselliges Essen, das nicht zuletzt auch die Seele wärmt. 

Schlossbrennerei TegernseeSchlossplatz 1e
TegernseeSpeisekarte unter www.schlossbrennereitegernsee.de

Seeseiten, Winter 2019.
  • Was tun Sie gerade, …?

    Die Keramikerin Monika Ulbrichtbetreibt die gleichnamige Werkstatt am Tegernsee in vierter Generation.