Gastspiel im Tal: Interview

Harry G.: Granteln mit Genuss

Wenn es stimmt, dass der Freistaat Bayern und seine Bewohner ohne Granteln gar nicht denkbar sind – dann ist Harry G. ein Paradebayer. Ob das „G“ in seinem Künstlernamen für „Grant“ steht, ist nicht erwiesen, aber auch nicht auszuschließen. Und weil die Bayern nicht nur gerne granteln, sondern einem guten Grant auch gerne zuhören, ist Harry G. inzwischen einer der erfolgreichsten Comedians geworden. Im Gespräch mit den „Seeseiten“ war er aber dann doch erstaunlich gut gelaunt.

Interview: Christian Jakubetz

Interview Harry G.

Foto: Frank Lübke

Mal im Vertrauen, wie bayerisch finden Sie den Tegernsee eigentlich?
HARRY G.: Der Tegernsee ist nach wie vor bayerisch, und das Maß an Traditionsbewusstsein für eine so von Touristen überlaufene Gegend ist enorm. An manchen Ecken ist er touristisch, an manchen sehr traditionell, das ist schön, und es ist für jeden etwas dabei. Man muss allerdings schon wissen wo. Zwei ihrer ersten Clips bei YouTube haben den Tegernsee bzw. die Waldfeste dort zum Thema.

Hat sich seit 2013 was geändert?
Tatsächlich war ich selbst in der letzten Zeit nur noch auf wenigen Waldfesten – aus Zeitgründen. Der Brauch des Waldfestes ist etwas sehr Besonderes, es gibt wenig Brauchtümer, die so schön sind. Es sind zwar nach wie vor viele Preißn da, aber ich habe das Gefühl, dass die Waldfeste nicht mehr so wahnsinnig hoch gehyped werden.

Angenommen, ein paar von den von Ihnen skizzierten Isarpreißn sitzen dann in Rottach im Publikum und amüsieren sich prächtig…?
Das ist doch völlig normal, das ist schon immer so. In der ersten Reihe sitzen bei mir meistens genau die, über die ich herziehe. Und nehmen es mit unglaublich viel Humor. Das ist fast schon ein bisserl sadistisch, herrlich! Und es sind auch längst nicht mehr nur die Isarpreißn, die ihr Fett abbekommen. In „Hoamboy“, meinem neuen Programm, trifft es auch durchaus andere „Zielgruppen“.

Wenn Sie in Rottach-Egern auftreten ist das ein bisschen wie heimzukommen, Sie haben ja einen Teil Ihres Lebens am Schliersee verbracht. Was überwiegt – der Oberpfälzer oder der Oberbayer?
Es ist ausgewogen. Am Tegernsee und in der Region bin ich deshalb ein wenig öfter als in der Oberpfalz, weil es mich im Morgengrauen regelmäßig in die Berge zieht. Das ist mein wichtigster Ausgleich zum Comedian-Dasein. Und jedes Mal, wenn ich nach Regensburg komme, kann ich fast nicht glauben, wie wunderschön meine Heimatstadt ist. Sicher ist: Ich habe zwei Herzen, eins für hier und eins für dort!

Foto: Mike Heider

Sie haben Betriebswirtschaft studiert und im Bereich Venture Capital gearbeitet. Seit wann sind denn Menschen aus diesem Metier lustig?
Die sind sogar sehr lustig, aber sie wissen es nicht. Es ist wahnsinnig lustig, sie zu beobachten. Und genau das habe ich getan. Sie bieten sich als Zielscheibe für Comedy wirklich an. Ich persönlich war da übrigens nie richtig zu Hause, dafür war ich zu “lustig” (lacht).

Oder ist es vielleicht einfach blanke Verzweiflung, wenn man als BWLer zum Grantler wird?
Wie gesagt, ich war da nie wirklich daheim. Mir liegt das Granteln einfach schon immer mehr als alles andere. Das habe ich von meinem Vater, der ein wahnsinnig lustiger und zeitgleich grantiger Mensch war. Dass ich es dann zu meinem Beruf gemacht habe, war einer dieser Zufälle, die das Leben für einen bereithält. In diesem Fall war es der tolle Erfolg meiner Wiesn-Clips bei YouTube, der mich dann auf die Bühne getragen hat.

Sie machen, wenn man Ihre Schauspielerei noch dazunimmt, lauter Sachen, die Sie nicht gelernt haben, während Sie das, was Sie gelernt haben, nicht machen. Sind Autodidakten die glücklicheren Menschen?
Das kann ich nur für mich beantworten. Mir liegt Comedy, mir liegt es, auf der Bühne zu stehen, und mir liegt es auch zu schauspielern. Ich mache es auch nicht einfach mal so, ich beschäftige mich damit ausführlich und bereite mich gewissenhaft vor. Ich habe daran Freude und ja, es macht mich glücklich. Autodidaktisch Fliesenlegen würde dieses Gefühl bei mir aber nicht auslösen, und es würde sicher auch schrecklich ausschauen.

Interview Harry G.

Foto: Mike Heider

Ich versuche es rauszufinden, verstehe es aber noch nicht ganz: Was genau ist denn jetzt ein „Hoamboy“?
Ein Hoamboy ist jemand, der sein „Dahoam“ liebt. Der, egal wo auf der Welt er sich befindet, immer eine enge Verbindung zu seiner Heimat hat. Und das Wortspiel bedeutet, dass man als heimatverbundener Mensch durchaus weltoffen und modern sein kann. Das schließt sich nicht aus. Ein Hoamboy ist für mich tolerant, gebildet und bodenständig. Ein echter Bayer halt!

Für folgendes Phänomen habe ich keine Erklärung: Preißn wollen in Bayern immer bayerisch sein, ein Bayer außerhalb Bayerns aber nie „preußisch“. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Da gibt es ein schönes „Sprichwort“: It’s nice to be a Preiß, but it’s higher to be a Bayer! Also, es ist ganz einfach zu erklären: Der Preiß, der nach Bayern kommt, der will bleiben. Weil es hier so wunderbar ist. Der versucht so schnell wie möglich so bayerisch wie möglich zu sein, sonst hat er auf Dauer keine Freunde. Denkt er wenigstens. Der Bayer in Kassel, der will so schnell wie möglich wieder heim. Deshalb verstellt er sich nicht, das lohnt sich nicht. Außer in Berlin, da wollen alle Bayern plötzlich hippe Berliner sein.

Reden wir doch noch ein bisschen über Bayern: Ist der Grant für einen Bayern nicht wesenstypisch?
Schon! Die Bayern kommunizieren generell in einer sehr knappen und grantigen Form miteinander, das ist völlig normal und unabhängig davon, wo man miteinander spricht. Im Wirtshaus genauso wie am Arbeitsplatz. Diese völlig eigenständige Art des Redens ist sehr effektiv, ein Dialog besteht oft nur aus einem Wort als Frage, und einem Wort als Antwort. Zum Beispiel: „UND?“ „BASST!“

Wenn jetzt aber die CSU grüner als die Grünen wird und die Münchner mit Elektroautos an den See fahren und dort ein nachhaltiges Wochenende verbringen – keine Angst, dass Ihnen irgendwann mal der Stoff ausgeht?
Wann waren Sie das letzte Mal in der Natur? Bayern ist doch so grün, grüner geht’s kaum. (lacht) Es ist auch durchaus erstrebenswert nachhaltig zu sein, da bin ich gerne dabei. Dass mir dabei der Stoff ausgeht, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Auch nachhaltige Menschen und deren Trends sind ein wunderbarer Stoff für schöne Geschichten auf der Bühne und in meinem neuen Programm „Hoamboy! eh schon Thema.“

In Rottach-Egern sehen wir dann ja „Hoamboy“, worum geht’s?
Wie immer geht es um das Leben. Das Leben in Bayern. Das Leben als Bayer und als Preiß. Das Leben in all seinen Facetten. Um den Zeitgeist und die unterschiedlichen Stationen im Leben. Aus der Sicht eines Hoamboys. Kommt und schaut es euch an!

Das Interview führten wir anlässlich des Auftritts von Harry G. im Seeforum während seiner “Hoamboy Tour”.
Weitere Live-Termine: www.harry-g.com

Seeseiten, Winter 2019.
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