Tal-Tradition: Das besondere Stück

Die Goaßl

Ob Rosstag, Waldfest oder Heimatabend, die Goaßlschnalzer dürfen dabei nicht fehlen. Aber woher kommt eigentlich die Tradition des „Peitschenknallens“, wie Neubayern es gern nennen? Und was macht das Besondere der „Goaßl“ aus?

Text: Susanne Mayr

Hier sehen Sie eine der besten Goaßln von Florian Maier. Er ist der Chef der Rottacher Goaßlschnalzer und eines der Gründungsmitglieder.
Foto: Urs Golling

Warum knallt man in Bayern mit der Goaßl? Sie war wohl der Vorgänger der Hupe: Fuhrleute, die auf engen Strecken oder vor Kurven unterwegs waren, gaben mit ihnen ein lautstarkes Signal an entgegenkommende Kutschen. Man erzählt sich, dass viele Kutscher mit der Zeit sogar ihre eigenen Abfolgen entwickelten und so schon von weitem erkannt wurden. Mit Fortschreiten der Motorisierung wurden Pferdekutschen immer seltener. Also begannen einige Vereine, u.a. aus Waakirchen und Kreuth, die Goaßl als Begleitung zur Musik zu etablieren.

Vom Nützlichen zum Schönen
„Gschnoizt“ wird heute nur noch zum Spaß oder zum Erhalt der Tradition. Zu klassischen Volksmusikstücken wird aber nicht nach Noten gespielt, sondern jede Goaßlschnalzer- Gruppe entwickelt für sich eine Abfolge, also eine Art Choreographie, nach der dann jeder den Rhythmus der Musik mitschnalzt. Es gibt die zwei Grundarten Achter und Triangel sowie Triolen oder Haken, die dabei mal schneller, mal langsamer aufeinanderfolgen. Der Ton wird schließlich durch schnelle Hin- und Her-Bewegungen erzeugt und ist nur hörbar, weil er Überschallgeschwindigkeit hat. Wer ein echter Goaßlschnalzer sein will, braucht Kraft in den Armen und eine gute Koordination. Um wirklich zur Musik schnalzen zu können, muss man bis zu zwei Jahre üben. Davon abgesehen hat jeder Schnalzer zwei bis drei Goaßln in seinem Repertoire. Auf ewig halten sie allerdings nicht: Die Goaßln sind fünf bis zehn Jahre verwendbar, die Hanfschnur muss allerdings trotzdem zwei- bis dreimal jährlich ausgetauscht werden.

Die modernen Goaßln sind aus Fiberglas, den Griff gestaltet jeder Schnalzer so, wie er für ihn am bequemsten ist. Heute sind sie meist aus Gummi oder mit Lederbändern umwickelt.

Durch die obere Lederschlaufe wird der Aufhänger gefädelt, dessen Länge ganz individuell ist. Die daran befestigte Hanfschnur ist immer zwischen 1,05 und 1,20 m lang.

Der rote Faden an der Spitze ist oft aus Nylon oder Maurerschnur und erzeugt den Ton. Er heißt „Schmitz“ oder „Schmitzn“, wird vom Schnalzer selbst angebracht und muss nach ca. 20 geschnalzten Stücken ausgetauscht werden.
alle drei Fotos: Urs Golling

Trainiert wird in Turnhallen oder großen Trachtenhütten, denn Platz ist wichtig. Die Spitze der Peitsche kann ziemlich wehtun, man weicht ihr also besser aus. Beim Roßtag, wenn Schnalzer und Musik gemeinsam auf einem Wagen spielen, kostet es den Schnalzer übrigens einen Kasten Bier, sollte er aus Versehen einen der Musiker treffen. Heute gibt es im Tegernseer Tal drei Goaßlschnalzer Vereine: Gmund, Rottach und Kreuth. Wenn Sie die hier gezeigte Goaßl in Aktion erleben wollen, gibt es dazu jetzt Gelegenheit: Die Rottacher Goaßlschnalzer gründeten sich 1989 und feiern dieses Jahr ihr 30. Jubiläum. Live erleben kann man sie u.a. beim großen Festabend mit zehn verschiedenen Goaßler-Gruppen aus dem Oberland.

30 Jahre Rottacher Goaßlschnalzer
Seeforum
Nördliche Hauptstraße 35, Rottach-Egern
Fr., 13. September, 20:00 Uhr

Die Rottacher Goaßlschnalzer gibt es natürlich auch auf CD oder aber hier auf Spotify zu hören: Da Schneidige
Foto: Christine Pfluger

Seeseiten, Herbst 2019.
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