Confiserie Hagn

Die Schokoladenseite des Tegernsees

Schon die Lage direkt am See ist besonders. Eine einzige große Verführung sind aber vor allem die Leckereien, die in diesem Bootshaus an der Egerner Seepromenade verkauft werden: In der Confiserie Hagn finden Naschkatzen ihr Glück – und auch nicht mehr so schnell wieder hinaus.

Text: Ute Watzl / Fotos: Urs Golling

Confiserie Hagn Tegernsee

Sabine und Maximilian Hagn in ihrer Confiserie.

Schon verrückt, welche Dinge das Herz manchmal höherschlagen lassen: ein Tisch, ein Stuhl und ein offenes Fenster, das einen nicht alltäglichen Ausblick bietet. Der Bildausschnitt, der sich hier zeigt, könnte genauso gut vom Gardasee stammen: See-Blau und Berg-Grün, davor im Takt der Wellen tanzende Bootsmasten – klack-klack, klack-klack. Hin und wieder schiebt sich ein Stehpaddler durchs Bild. Der Ort, von dem aus man diese Idylle betrachten kann, ist ein Bootshaus, aber irgendwie auch nicht, und es liegt auch nicht am Gardasee. Es ist vielmehr die Confiserie Hagn am Tegernsee.

„Wir arbeiten auf dem Wasser“, sagt Maximilian Hagn. Und das ist für Konditoren ungewöhnlich. Im Innern der Holzhütte äußert sich das Bootshausflair lediglich im Raumgefühl: klein und eng, hyggelig würde der Däne vielleicht sagen, auch wegen der Liebe zu Detail und Dekor, die in jeder Ecke steckt. Wenn dann der Konditormeister den Raum betritt, ist seine Präsenz zu spüren: Der Rottacher ist ein oberbayerisches Schwergewicht. Für ihn und seine Frau Sabine sind Seeblick und Lage hier im Rottacher Malerwinkel Alltag, könnte man sagen. Gut, wenn dann die Kunden und Gäste kommen, ein bisschen schwärmen und die Inhaber an ihr eigenes kleines Glück erinnern.

Wobei: Das Glück kam fast schon auf Aufforderung.

Der gelernte Konditormeister stammt aus einer Wirtsfamilie. An die von den Eltern betriebene Enzianhütte in Enterrottach baute er eine Backstube an und erweiterte zunächst den Betrieb des Wirtshauses um ein Café am Nachmittag. Doch als das Paar erfuhr, dass das Bootshaus im Malerwinkel frei wird, änderten sich die Pläne für die Zukunft. Und das, obwohl das sogenannte Bootshaus am Ende der Seestraße wohl nie wirklich ein solches war.

Aus einem halben Scherz wurde ein Lebenstraum

Mal Obstladen, mal Kiosk, war das Bootshaus zum Schluss vor allem ein Elektroladen, dessen Besitzer Maximilian kannte. Und genau zu diesem Besitzer hatte Maximilian Hagn vor langer Zeit eher scherzhaft gesagt: „Wenn ihr da mal rausgeht, mache ich hier ein Café auf.“ 15 Jahre später rief dieser Freund an und sagte: „Es ist soweit, wir gehen raus.“ Obwohl sich gerade Nachwuchs ankündigte, ergriffen die Hagns die Gelegenheit. Aus einer halb im Scherz gesagten Bemerkung wurde Realität.

Confiserie hagn Tegernsee

Pralinen befüllen ist bei den Hagns Handarbeit.

Seitdem betreiben sie diesen Laden im Bootshaus am See, Hagns „Visitenkarte im Ort“. Die Pläne für ein Café verwarfen die beiden zunächst. Zu abgelegen lag das Häuschen vom Ortskern und den Ladenstraßen, zu groß war die Konkurrenz im Malerwinkel, zu klein die eigene Stellfläche so ganz ohne Terrasse. Und Coffee to go? Das kam erst viel später.

Nach und nach stellt man dann trotzdem hierhin und dorthin einen Tisch. Alles jederzeit gut zu verräumen, denn dass das Wasser im Geschäft steht, das kann schon mal passieren. Ist eben ein Bootshaus. Das Kerngeschäft aber wurde der Verkauf von Kuchen, Pralinen und Eis aus dem Bootshaus, garniert mit ausgewählten Geschenkideen, kreativen Karten und sympathischem Schnickschnack aus ausgewählten Manufakturen und ganz sicher nie „von der Stange“. Sabine Hagn ist gelernte Feintäschnerin, man spürt ihren Sinn fürs Schöne und Besondere, ihre Freude daran, immer wieder neue Themen in Szene zu setzen: Weihnachten und Ostern sowieso, aber auch mal eine Fußball-WM. Was die Kundschaft gerade so umtreibt.

Andererseits lief das Liefergeschäft von der Backstube in Enterrottach aus immer weiter. Auf Hochzeiten werden Hagn-Torten zum zuckersüßen Hingucker. Hotels, Cafés, die Tegernsee Arkaden – sie alle servieren Kuchen, Torten und Pralinen, die Maximilian Hagn in seiner Backstube in Eigenregie herstellt. Echtes Handwerk, darauf legt er Wert. Oft weiß Maximilian Hagn erst am Abend zuvor, wie viel Arbeit er am nächsten Tag hat, wie viele Torten und Kuchen zu backen sind, wie viele Pralinen gegossen und womit gefüllt werden sollen.

Jeder Tag ist anders, planbar ist (fast) nichts

Dass er auch kurzfristig Wünsche erfüllt, von heute auf morgen, das macht ihn zum gefragten Konditor im Tal. Planbar ist in seinem Geschäft überhaupt wenig, erst recht 2021, das Jahr, in dem vieles nachgeholt wird: Taufen, Geburtstage, Hochzeiten – ohne eine ordentliche Torte geht da nichts, am liebsten thematisch individuell gestaltet. Der Kunde hat das Sagen und Maximilian Hagn ist zurzeit immer auf Abruf. So flexibel kann nur ein kleines Geschäft wie das der Hagns arbeiten. Der Mann lebt diesen Beruf – und er liebt ihn. „Ich bin Gastronom, Verkäufer, Handwerker, und ich kann kreativ sein“, sagt er. „Ich mache nicht immer das Gleiche, sondern heute Pralinen, morgen Schokoladen, übermorgen eine Thementorte.“

Die Confiserie Hagn im Bootshaus an der Seepromenade.

Und dann diese Pralinen! Klar, im Sommer und Frühherbst liegt temperaturbedingt nur eine begrenzte Menge aus. Aber sobald es kühler wird, verwandelt sich das Bootshaus zum Pralinen-Paradies: Mehr als 40 Sorten hat der Konditor im Repertoire, gefüllt mit Trüffel, Bränden oder Frucht, künstliche Farbstoffe vermeidet Hagn meistens.

Ergeben hat sich das mit den Pralinen durch Maximilians Freude am Ausprobieren. Zwischendurch ein bisschen Zeit? Warum nicht mal ein paar Pralinen kreieren und in den Laden legen? Mal schauen, wie sie ankommen. Und weil die Leute begannen, danach zu fragen, produzierte er eben noch ein paar mehr Sorten. So entstand das beliebte Sortiment.

Der Renner ist die Praline mit den weiß-blauen Rauten, verfeinert mit König-Ludwig-Dunkelbierbrand. In den großen Händen von Maximilian Hagn nehmen sich die kleinen Pralinen besonders fein aus. Seine Statur lässt vermuten, dass er selbst ein großer Genießer süßer Leckereien ist.

Kuchen, Gebäck, Torten, Schokoladen und Pralinen – man könnte sagen: Die Confiserie Hagn ist ein Tante-Emma-Laden für Naschkatzen und Maximilian ein Alleskönner für süße Sachen. Bei aller Vielfalt bleibt das Angebot der Confiserie Hagn überschaubar. Die Kuchen, die es bei Hagns gibt, sind die, die sich mit der Zeit als Publikumslieblinge erweisen – Bienenstich, Schmandkuchen, Mailänder Kirsch zum Beispiel.

Der besonders gute Geschmack der Hagn-Kreationen hat wohl auch einen vermeintlich simplen Hintergrund – da kommt nichts rein, was man zuhause beim Backen nicht auch verwenden würde: Obst, so frisch wie möglich vom regionalen Händler, Eier und Milch aus der Region und keine künstlichen Farbstoffe für die Pralinen. Aber Hand aufs Herz: Bei all dem Zucker Tag für Tag, schmeckt das dem Bäcker denn selbst auch noch? „Aber ja“, lacht Maximilian, noch bevor das Fragezeichen steht. Man muss schließlich auch verkosten und probieren. Den Angestellten empfiehlt er aber einen Kaugummi während der Arbeit, um nicht so schnell in Versuchung zu geraten. Jeder Beruf birgt eben seine Gefahren.

Wer eine Idee davon bekommen will, wie kreativ so ein Konditor­ meister Torten entwirft, der schaue auf den Instagram­-Account der Confiserie Hagn
Auch online nehmen die Hagns Bestellungen entgegen: www.confiserie-hagn.de

Confiserie Hagn
Seestr. 80
Rottach-Egern
Telefon 08022/673137
von 11.00 bis 18.00 Uhr

Hagns bunter Pralinenmix.

  • Herzogin Anna in Bayern

    Herzogin Anna in Bayern ist als Wittelsbacherin Nachfahrin einer Familie, die das Tegernseer Tal so stark geprägt hat wie kaum eine andere.